Ungemütlicher Auftakt mit traumhaften Ende

Die 14. Auflage der WeihnachtsZeitreise erlebt ein kontrastreiches Wochenende

Bereits kurz nach Marktöffnung am Sonntag strömen die Menschenmassen in die Oberstadt. Nach dem verregneten Samstag nutzen die Besucher am Sonntag die Gelegenheit, um an den Ständen entlang zu schlendern. (WP-Foto: Hans Peter Kehrle)

Bad Berleburg. Viele Besucher haben an dem Abend die Kapuze aufgesetzt, die klammen Hände tief in den Jackentaschen vergraben. Der Wind wirbelt über die Schloßstraße bis hin zum Schlosshof und peitscht den Weihnachtsmarktgängern immer wieder den Regen ins Gesicht. Es ist ungemütlich. So gar nicht romantisch wie man es sich bei der WeihnachtsZeitreise wünscht und womit die Veranstaltergemeinschaft auch wirbt. Forstdirektor Johannes Röhl, der an dem Raclette-Stand auf dem Schlosshof euphorisch für geschmolzenen Käse Werbung macht, sieht es gelassen: „Ist doch toll! So kommen die Leute wenigstens direkt an unsere überdachten Stände.“ Zumindest am Samstagabend sind die Glühwein- und Essensbuden die großen Besuchermagnete – auch, wenn sich im Vergleich zu den Vorjahren sehr viel weniger Menschen auf die WeihnachtsZeitreise begeben haben.

  • In der Hütte der Märchenerzählerin Ketlin Wünschestein lauschen Kinder mit ihren (Groß)Eltern gespannt den sagenhaften Geschichten. (WP-Foto: Hans Peter Kehrle)
  • Nicht nur Kinder sind ganz angetan von den Hochland-Rindern, die auf dem Naturhof Born leben. Streicheln ist natürlich erlaubt. (WP-Foto: Hans Peter Kehrle)
  • Einige Kinder sind überrascht, wie zutraulich Hühner doch sein können. Eine tolle Erfahrung. (WP-Foto: Hans Peter Kehrle)
  • Es muss nicht immer Glühwein sein. Auch Feuer schlucken hilft gegen die Kälte. (WP-Foto: Hans Peter Kehrle)

Ernüchternder Eindruck

„Ein bisschen bin ich schon enttäuscht“, erzählt Beate Richter. Sie ist mit ihrem Mann gut anderthalb Stunden von Marsberg nach Bad Berleburg gefahren, um sich die WeihnachtsZeitreise anzuschauen. Ihre Töchter hatten den Markt im vergangenen Jahr besucht und davon geschwärmt, wie schön dieser sei. Vor allem die große Feuershow am Abend mit Funkenregen und Co. haben sie ihr ans Herz gelegt. „Aber im Vergleich zu den Videos vom letzten Jahr, die mir meine Tochter gezeigt hat, ist die Show viel kleiner ausgefallen“, so Richter. Außerdem habe sie sich gewundert, dass das Duo „Forzarello“ aufgetreten sei statt der angekündigten Gruppe „Opus Notis“. Die versprach ein großes Abend-Spektakel mit einer beeindruckenden Feuershow und Musik. Stattdessen drängeln sich am Samstagabend mehrere Dutzend Besucher mit Regenschirmen vor der kleinen Gauklerbühne, um noch einen Blick auf die Akteure von „Forzarello“ zu erhaschen, die mit brennenden Fackeln auf Metallfässern trommeln.

Knuffig und zottelig

Nach dem eher ernüchternden ersten Tag bei der WeihnachtsZeitreise, zeigt sich der 3. Advent gnädiger. Die Sonne wechselt sich mit einer feinen Wolkendecke ab, der Regen hat sich gelegt. Das schlägt sich auch in der Stimmung der Besucher nieder: Kinder sitzen mit baumelnden Beinen rund um die Feuerstelle und halten ihr Stockbrot in die Flammen, an dem Stand vom Naturhof Born halten sie behutsam die Hühner auf dem Arm und streicheln über das weiche Gefieder.

„Guck mal Mama, wie süß! Kann ich auch eins haben?“
Sarah (5) fragt ihre Mutter, ob sie auch eines der Highland-Cattle-Rinder vom Naturhof Born bekommen kann.

Vor allem die schnaubenden Highland-Cattle-Rinder sorgen mit ihrem zotteligen Auftritt für Begeisterung: „Guck mal Mama, wie süß! Kann ich auch eins haben?“, fragt Sarah (5) ihre Mutter. „Und wo soll der schlafen? In deinem Zimmer?“ – Das möchte Sarah dann doch nicht.

Vom verregneten Samstag sind nur noch die Pfützen übrig geblieben. Sonst wirkt der Markt wie verwandelt: dichtes Gedränge, in dem sich die Besucher langsam ihren Weg entlang der Stände bahnen; Großeltern, die zusammen mit ihren Enkelkindern in der mit Stroh bedeckten Holzhütte den Geschichten der Märchenfee lauschen; Pärchen, die sich mit dampfenden Glühweintassen zuprosten. Ein kontrastreiches Wochenende mit einem doch noch romantischen Ende.

Wenn kleine Wunder wahr werden

  • Allein durch ihre Größe fallen Engel und Weihnachtsmann im Trubel auf: Die 'Weihnachtsgiganten' sind beliebte Fotomotive auf dem Markt. (WP-Foto: Hans Peter Kehrle)
  • Das Jugendblasorchester vom JAG sorgt für weihnachtliche Klänge auf dem Schlosshof – und erntet dafür begeisterten Applaus. (WP-Foto: Hans Peter Kehrle)
  • Ein beliebtes Gericht: das Rotwild-Steak, das frisch angebraten wird. Wer mag, kann sich das noch mit grobem Salz und Pfeffer verfeinern. (WP-Foto: Hans Peter Kehrle)

Nach dem nassen Start strömen am Sonntag die Massen auf den Markt

Die 14. Auflage der WeihnachtsZeitreise drohte zwischenzeitlich ins Wasser zu fallen. „Nach dem Samstag dachte ich: ‘Das darf nicht wahr sein!’ Sollte die WeihnachtsZeitreise, die am Freitag, den 13. begonnen hatte, tatsächlich ein Reinfall werden?“ – Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann klang wenig optimistisch nach dem ersten Tag mit Markttreiben. „Es war mehr als bescheiden. Der Samstag ist abgesoffen.“

„Alles in allem können wir sehr zufrieden sein. Die Menschen sind glücklich nach Hause gegangen.“
Holger Saßmannshausen, Vorsitzender des Jugendfördervereins, zieht trotz des verregneten Samstags ein positives Fazit

Doch manchmal – vor allem an Weihnachten passieren auch Wunder. Eines davon ist am Sonntag eingetreten: Schon kurz nach Eröffnung des Marktes um 11 Uhr sind die Menschenmassen in die Oberstadt geströmt. So, als ob sie den „verlorenen Samstag einfach nachholen wollten. „Der Erfolg heute ist super und stimmt mehr als versöhnlich“, so Fuhrmann bei der abschließenden Pressekonferenz am Sonntagnachmittag in der Käferholzschenke auf dem Goetheplatz. Vor allem am Sonntag seien viele Busse mit auswärtigen Gästen in Bad Berleburg angekommen. „Das zeigt, dass unsere Werbung Wirkung zeigt“, sagte Holger Saßmannshausen, Vorsitzender des Jugendfördervereins. „Das wichtigste Fazit: Es ist nichts passiert. Alles in allem können wir sehr zufrieden sein. Die Menschen sind glücklich nach Hause gegangen.“

Noch am Samstag hatten die Organisatoren einige Zelte der Aussteller mit Steinen beschweren müssen, damit sie nicht vom Wind weggeweht wurden. Sandra Janson, Geschäftsführerin des Jugendfördervereins, verteilte dabei kleine Geschenke an die Standbetreiber – als großes Dankeschön dafür, dass sie trotz des miserablen Wetters weitergemacht haben. „Es sind diese kleinen Aktionen, die die WeihnachtsZeitreise besonders machen“, meinte Fuhrmann. Das Konzept des Marktes sei ohnehin nie gewinnorientiert gewesen, sondern sei darauf ausgerichtet, der ganzen Familie ein märchenhaftes Erlebnis zu schenken. Und genau das haben die Besucher am Sonntag auch bekommen.

Von Britta Prasse

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WESTFALENPOST (16.12.2019)
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Bildquelle: WP-Fotos (8) von Hans Peter Kehrle