Großer Mime hinterlässt ein begeistertes Publikum

Friedrich von Thun und Richard van Schoor
im Foyer des Berleburger Schlosses

Bad Berleburg. (cw) Die dritte Bad Berleburger WeihnachtsZeitreise brachte den geschätzten 300 Zuhörern zur Auftaktveranstaltung im Foyer des Bad Berleburger Schlosses eine tatsächliche Zeitreise in das Jahr 1870 zur Geschichte der Thomas Mannschen Lübecker "Buddenbrook-Weihnacht".

Als Zugpferd spannten sich in diesem Jahr die Veranstalter des Drei-Tage-Spektakels den Schauspieler Friedrich von Thun, der unter der musikalischen Begleitung des südafrikanischen Pianisten Richard van Schoor in die festliche Welt der legendären Lübecker Familie eintauchen ließ, ein.

Charmanter Überbringer blumig-frischer Erzählungen: in dieser Rolle ist der große Mime Friedrich von Thun einem Millionenpublikum bekannt. (WP-Foto: Christiane Weinhold)

In den unterschiedlichsten Filmrollen bewies der aus Mähren stammende Mime von Thun sein Unterhaltungstalent. In Berleburg brachte er seine unvergleichlich raue, sympathische Stimme mit dem klingenden Timbre als Erzähler des Lübecker Aushängeschildes "Buddenbrooks" mit knisterndem Charme vor sein Publikum. Ihn als Märchenonkel zu bezeichnen ist an dieser Stelle sicher passend, denn die schauspielerische Intonation, die pfiffige Gestik und das Augenzwinkern des Charmeurs brachten einmal mehr die Geschichte nahe, die sich in den Tagen des höchsten christlichen Festes zugetragen hat.

Weihnachten bei den Buddenbrooks füllte in Thomas Manns Monumentalwerk über den Aufstieg und den Untergang der reichen Kaufmannsfamilie, die Kapitel sieben und acht seines achten Teils des Romans. Ein kaum vergleichbares Pendant der deutschen Literatur schildert mit haargenauer Intensität die Einzelaktionen, Aufmerksamkeiten und Empfindungen der geladenen Weihnachtsgäste und der Gastgeber schlechthin.

Wer isst was gern, wie ist man, welche Geschenkvorlieben haben die unterschiedlichen Generationen und vor allen Dingen: wie gehen die Gäste miteinander um. Ein tiefer Blick in die Gedankenwelt offenbart das, was so mancher auf Schloss Berleburg als hohen menschlichen Wiedererkennungswert erachtet, verpackt mit unverbrämter Mine des markanten großen Akteurs Friedrich von Thun.

Wie Zahnräder griffen Erzählung und Spiel des mit hohen Auszeichnungen dekorierten Richard van Schoor, der im Jahr 1998 zum "Master of Music" promovierte, ineinander. Seichte Stimme von Thuns und glanzvolles Spiel van Schoors wechselten mit Inbrunst und Fortissimo hinüber, von Frederic Chopins "Nocturne op. 9, Nr. 2 Es-Dur", über szenische Erzählbegleitung durch die Franz Schubert "Imprompti 142 Nr. 2 in As-Dur und f-moll" bis hin zum Schumannschen "Ende vom Lied" aus dessen "Fantasiestücken op. 12".

Einen "starken" Abgang in den Ausklang der letzten Klavierakkorde des Südafrikaners bescherte der Erzähler von Welt mit apartem Lächeln in die Publikumsrunde und dem spontanen Griff zum Ausschalter der Leselampe. Schweigen! Und stürmischer Applaus beendete einen unvergesslichen Abend im Schloss. Die beiden Akteure ließen in jeder Minute bei allen Anwesenden ein kribbelndes Buddenbrook-Gefühl aufkommen, wo sogar das räumliche Ambiente der edlen Aufmachung des reichen Kaufmannshauses beinahe die Hand zu reichen schien.

Von Christiane Weinhold

WESTFALENPOST

WESTFALENPOST (15.12.2008)
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WP-Foto: Christiane Weinhold (cw)